Artikel Landeszeitung 21.10.24 Solarwende in Bürgerhand

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Die Genossenschaft „Moktwi“ will Strom gemeinschaftlich vermarkten und die Rendite fürs Dorf sichern
Neetze/Lüneburg. Die solare Energiewende in Bürgerhand hat das Zeug, Dorfgemeinschaften zu fördern und das Leben im ländlichen Bereich zukunftssicherer zu machen. Davon ist Horst Jäger aus Neetze überzeugt. Der 73 Jahre alte Maschinenbautechniker ist ehrenamtlicher Geschäftsführer der eingetragenen Genossenschaft „Moktwi“ mit Sitz in Lüneburg.
Die Genossenschaft verfolgt das Ziel einer nachhaltigen Regionalentwicklung. Konkret geht es zunächst um die lokale Beteiligung an Freiflächenphotovoltaik- sowie Windkraftanlagen. Doch damit das idealistische Konzept greifen kann, ist jetzt Eile geboten, macht Jäger im LZ-Gespräch deutlich.

 

Spätestens seit Einführung der sogenannten Akzeptanzabgabe in Niedersachsen, die Betreiber von Windkraft- und Photovoltaikanlagen verpflichtend an die Standortgemeinden zahlen müssen, geben sich die privaten Projektentwickler bei landwirtschaftlichen Flächeneigentümern und Kommunen die Klinke in die Hand. Sie buhlen um Pacht- und Gestattungsverträge, um Energieprojekte auf Äckern und in Wäldern umsetzen zu können. Damit aber auch ein größerer Teil der Rendite vor Ort bleibt, will nun die Moktwi die Gründung lokaler Energiegemeinschaften anstoßen, die die Geschäftsgrundlage sogenannter „Zukunftsdörfer“ organisieren sollen. Sie sollen eine Alternative oder zumindest Ergänzung externer Investoren darstellen, führt Horst Jäger gegenüber der LZ aus.
Er sagt: „Gerade befinden wir uns in Gesprächen mit der Gemeinde Melbeck.“ Dort sei derzeit der Bau einer rund 25 Hektar großen Photovoltaikfreiflächenanlage in Nachbarschaft zum von Tennet geplanten Umspannwerk im Gespräch. „Eine lokale Genossenschaft könnte einen Anteil von sechs Hektar der PV-Anlage übernehmen und auch den produzierten Strom selbst vermarkten“, skizziert Jäger die Idee. Beispielsweise könnte der Strom für örtliche Car-Sharing-Angebote mit Elektro-Fahrzeugen genutzt werden.
Während die Genossenschaftsmitglieder, die aus dem näheren Umfeld der Kommune kommen sollten, zumindest eine Rückvergütung auf ihre Genossenschaftsanteile erwarten dürfen, soll die darüber hinausgehende Rendite für gemeinnützige Zwecke vor Ort aufgewendet werden. „Das könnte zum Beispiel der gemeinschaftliche Weiterbetrieb der Dorfkneipe sein oder die Einrichtung eines Dorfladens“, sagt Jäger. Die Entscheidung darüber würden die Genossen in demokratischer Abstimmung fällen, heißt es.
Damit die Theorie aber auch in die Praxis umgesetzt werden kann, bedürfe es laut Jäger pro Genossenschaft mindestens 50 Genossenschaftsmitglieder um eine lokale Energiegesellschaft nach EU-Recht zu gründen. Dabei würde die Moktwi nicht nur beratend zur Seite stehen, sondern sich auch ihrerseits beteiligen und als Dachgenossenschaft fungieren, so Jäger.
Bei der Finanzierung der Energieanlagen-Anteile geht es allerdings schnell in den sechsstelligen Euro-Bereich. Jäger sagt: „Bei einer sechs Hektar großen PV-Freiflächenanlage kann man mit einer Investition von rund drei Millionen Euro rechnen.“ Dabei geht der Moktwi-Geschäftsführer von einer Eigenkapitalquote von 20 Prozent aus. Um das Geld aufzubringen, schwebt den Moktwi-Visionären ebenfalls eine Idee vor: Die Einspeicherung von CO2, beispielsweise durch das Vergraben von Totholzbeständen unterhalb einer PV-Fläche, könnte durch EU-Förderung die nötige Anschubfinanzierung sichern, hofft Jäger, der sagt: „Wenn wir nicht über neue Wege nachdenken, kommen wir auch nicht weiter.“
Die Initialzündung für die Gründung der Genossenschaft Moktwi im Sommer 2023 hatte die Lüneburger Wandelwoche im Jahr zuvor gegeben. Nachdem die Genossenschaft ihren Fokus zunächst auf die Vernetzung und Förderung privater Balkonkraftwerke legte, sei laut Jäger die Gründung lokaler Energiegenossenschaften der nächste Schritt. Für ihre Idee wirbt Moktwi derweil auch im Rahmen der kommenden Lüneburger Wandelwoche, unter anderem bei einem Vortrag am Freitag, 25. Oktober, ab 19 Uhr im Foyer der Volkshochschule, Haagestraße 4.
▶ Interessierte, ob Privatpersonen oder Kommunen, die mit Moktwi den Austausch suchen, erreichen Horst Jäger unter anderem via E-Mail unter horst.jaeger@moktwi.de. Weitere Infos unter www.moktwi.de.

 

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